Ein Porträt: Manmohan Singh
Der Reformer
Indiens Premierminister Dr. Manmohan Singh
Gemächlich schreitet Angela Merkel mit ihrem Gast über den roten Teppich. Im Hintergrund wehen links die indische und rechts die deutsche Flagge. Deutsche Soldaten stehen Spalier und zollen Dr. Manmohan Singh, dem indischen Premierminister, Tribut. Beobachter sind sich einig: Der Besuch des Premiers, der bei Staatsbesuchen eher ruhig und ähnlich wie sein Regierungsstil auffallend dezent auftritt, im April 2006 vertiefte die strategische Partnerschaft mit Deutschland.
Singhs Markenzeichen sind sein grauer Bart, sein blauer Turban – er ist der erste Sikh bzw. Nicht-Hindu als Premier in Indien – und seine Bescheidenheit. Dabei blickt der 1932 im westlichen Teil des Punjabs als Sohn eines einfachen Bauern geborene Manmohan Singh auf eine vor allem akademisch beeindruckende Karriere zurück.
Der Wirtschaftsfachmann
Dank hervorragender Noten schaffte er den Sprung an die Punjab University in Chandigarh, wo er seinen Master in Economics machte. Als Stipendiat kam er dann an die englische Elitehochschule Cambridge und später nach Oxford. Dort schrieb Singh 1962 seine Doktorarbeit über Trends und Perspektiven des indischen Exports und des Wirtschaftswachstums. Ein Thema, mit dem er während seiner beruflichen Laufbahn noch praktisch in Berührung kommen sollte. Singh erhielt 1963 eine Professur an der Universität in Chandigarh. Bald wurde er zu einem national, aber international anerkannten Wirtschaftsfachmann. 1965 berief man ihn in das Sekretariat der Vereinten Nationen nach New York, ab 1967 leitete er die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der UNO. 1969 kehrte er zurück nach Indien und übernahm eine Professur an der renommierten Delhi School of Economics.
Schritte in Richtung Politik
Zwei Jahre nach seiner Rückkehr nach Indien begann für Singh seine politische Karriere mit Posten als Wirtschaftsberater im Außenhandels- und im Finanzministerium. Von 1980 bis 1982 war er stellvertretender Vorsitzender der staatlichen Planungskommission. Außerdem leitete er für zweieinhalb Jahre die Indische Zentralbank – Reserve Bank of India. 1987 verließ Singh Indien wieder bis auf weiteres und arbeitete als Sekretär der „Süd-Kommission“ in Genf. Drei Jahre später wurde er zum Berater des Premierministers in Delhi. Als 1991 die schwache indische Wirtschaft kurz vor einem Staatsbankrott stand, wurde Singh von der Regierung P.V. Narasimha Raos zum Finanzminister berufen. Und das obwohl er damals nicht der Kongresspartei angehörte. Doch man setzte große Hoffnungen in den international anerkannten Wirtschaftsspezialisten, die dieser nicht enttäuschte. Mutig leitete er eine ganze Palette von Reformen zu Stabilisierung der maroden indischen Wirtschaft ein und erlangte so den Ruf eines erfolgreichen Wirtschaftsreformers, der die staatlich gelenkte Wirtschaft liberalisierte. So war es Singh, der als Finanzminister die Grundlagen für den gegenwärtigen Wirtschaftsboom des Landes legte.
Nach einem überraschenden Sieg der Kongresspartei und dem noch überraschenderen Verzicht Sonia Gandhis auf das Amt der Premierministerin, wurde Singh am 22. Mai 2004 zum 14. Premierminister Indiens ernannt. Eine Ernennung, die von großer Skepsis begleitet wurde. Denn jeder wusste, dass Singh sein Amt allein dem Vorschlag von Sonia Gandhi zu verdanken hatte. Kritiker bemängelten, dass ihm die Erfahrung fehle, eine auseinander strebende Koalition aus 19 Parteien zusammenzuhalten. Vor der Parlamentswahl 2004 erklärte er sogar selber, dass er nur zufällig Politiker geworden sei und eigentlich nichts von der Politik verstehe. Doch Singh und Gandhi haben sich als unerwartet gutes Team erwiesen, mit einer klaren Arbeitsteilung. Während er die Regierung führt und sich auf die großen Linien der Politik konzentriert, kümmert sie sich um die Partei, die Koalitionspartner und die Basis. Singh versucht sich aus den Niederungen der Politik herauszuhalten, tritt im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger wenig populistisch auf. So wird Singh oft als der „sauberste Politiker des Landes“ bezeichnet.
Wenn es um Deutschland geht, dann pflegt Indiens Regierungschef gerne eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte über den Respekt vor deutscher Wertarbeit. Bei der Rückkehr vom Studium in Oxford brachte er seiner Großmutter eine Uhr als Geschenk mit nach Indien. Als er sie ihr gab, habe sie gefragt, woher diese Uhr stamme. „Ich erklärte ihr sie sei aus Schweiz“ sagte Manmohan Singh. „Meine Oma meinte, dass es dann nicht das Beste sein kann, denn die besten Dinge stammen nun mal aus Deutschland.“ Wie seine deutsche Kollegin beschwört Singh die engen Bande zwischen Deutschland und Indien.
Text: Daniela Singhal
Bild: Manmohan Singh in Heiligendamm beim G8 Gipfel, by Blog do Planalto – Flickr: Segunda-feira, 18 de junho
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