LGBTQ- Indiens Paragraf 377 im Strafgesetzbuch

von | Juli 19, 2018 | Deutsch, Gesellschaft, Indien, Indien Interkulturell, Kultur, Umwelt, Wandel, Wirtschaft | 0 Kommentare

Wir schreiben das Jahr 2018. Wie in vielen Ländern, hat auch Indien ein Problem, sich dem Thema Homosexualität zu öffnen. Das Land des Kamasutras gegen den Paragrafen 377, der den „Fleischlichen Verkehr gegen die natürliche Ordnung“ verbietet. Unter anderem beinhaltet dieser, dass alles, was „gegen das Naturgesetz“ verstößt, mit bis zu lebenslanger Haft bestraft wird. Auch wenn das Gesetz selten umgesetzt wird, trägt es dazu bei, dass die LGTBQ-Szene in Indien sehr geächtet wird.

Im Jahre 2009 wollte das Höchste Gericht den Paragrafen auf seine Gültigkeit überprüfen und erlaubte Sex zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren. Für ein paar Jahre schien sich der Wandel zu mehr Toleranz zu vollzeihen. Größere religiöse Gruppen widersprachen der Regelung. Und im Jahre 2013 setzte das Oberste Gericht den veralteten Paragrafen wieder in Kraft, weil es der Meinung war, dass das Höchste Gericht durch die Streichung des Paragrafen seine Kompetenzen überschritten hatte.  Politiker verändern Gesetze und nicht Gerichte, so die Begründung.

Aktuell wird dieses sehr alte Gesetzt wieder überprüft. Die indische Gesellschaft verändert sich, auch wenn das Thema Homosexualität noch ein Tabuthema ist. Auf der einen Seite finden in Großstädten offene Diskussionen statt, und es gibt immer mehr Schwulen- und Lesbenbars. Bollywood Filme nehmen sich diesem Thema an, und ebnen durch emotionale bewegende Geschichten einen offeneren Zugang dazu. Andererseits ist die Homophobie-Rate in ländlichen Gebieten, wo 70% der Bevölkerung lebt, verhältnismäßig hoch. Ein großer Teil der indischen Bevölkerung betrachtet Homosexualität als psychische Krankheit. Rechtsgerichtete hinduistische Gruppen sehen Homosexualität darüber hinaus als einen Import aus der westlichen Welt

Ein indischer schwuler Prinz brach 2016 gleich zwei Tabus. Einmal sein Coming-Out schockierte Prinz Manvendras Fürstenfamilie. Er wurde von ihr verstoßen. Bis heute hat er kein gutes Verhältnis zu seiner Mutter. „Sie sagte sich von ihm in einer Zeitungsanzeige los: „Manvendra ist an Aktivitäten beteiligt, die gesellschaftlich nicht akzeptabel sind“, hieß es in ihrem Text, der öffentlich die Enterbung des Prinzen verkündete.“ (Quelle: Handelsblatt.com)

Durch sein öffentliches Bekenntnis, als einzig lebender Angehöriger einer Adelsfamilie, erlangte er dadurch Bekanntheit und wurde auf dem Subkontinent zum Prominenten. Er konnte sich allerdings nach seiner Enterbung einen Palast erstreiten. Hier der zweite Tabubruch: Dieses sehr große Anwesen soll ein Palast für Schwule und Lesben werden. Als inoffizieller Vertreter der LGBTQ-Szene hat er es auch schon mehrere Male zur Oprah-Winfrey Show in den USA geschafft. Ebenso hat er Großunternehmen, wie Tata Steel auf seine Seite bekommen. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht mehr Homosexuelle einzustellen. Prinz Mavendra ist gegen eine Quotenregelung, denn es geht ihm um gleiche Rechte und nicht um eine bessere Behandlung.

Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass über das Thema offener gesprochen wird, aber der Subkontinent noch weit entfernt von der Gleichberechtigung ist.

Der umstrittene Paragraf war in den letzten Jahren immer wieder ein Thema. Auch wenn das Oberste Gericht den Paragrafen dieses Mal absetzt, was ein großer bedeutender Schritt zur Gleichberechtigung wäre, wird es lange dauern bis das kollektive Denken diesbezüglich geändert haben wird. Es passiert etwas in der Gesellschaft, aber sehr langsam.

 

 

Text: Purvi Shah-Paulini 

Bild: Pixababy

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