Seit 2014 regiert Sri Narendra Modi mit der Bharat Janata Party (BJP), mit absoluter Mehrheit im Parlament, das Land. Die Menschen auf dem Subkontinent hoffen, dass durch die Reformen das Land in eine bessere Zukunft blicken kann. Nach Außen scheint dem auch so. Viele Kampagnen, die dazu aufrufen in Indien zu investieren, sollen ausländische Investoren locken. Sie tun das auch.

Innerindisch wird mit Umdenken in vielen Bereichen, wie z.B. Umwelt, Gleichstellung von Frauen, Armutsbekämpfung u.v.m. beworben.

Indien ist ein säkularer Staat. Religion und Politik sind getrennt und haben eigentlich nichts miteinander zu tun. Selbst in Schulen gibt es keinen Religionsunterricht.

Trotzdem ist es möglich, dass Anfang dieses Jahres in einer der wichtigsten Landtagswahlen Indiens ein Yogi (= jemand der Yoga praktiziert) Namens Adityanath ein mächtiges Amt, die des Ministerpräsidenten von Uttar Pradesh, ein Bundesstaat im Norden Indiens, einnimmt. Narendra Modi ernennt den prominenten Hindu-Priester nach einem erdrutschartigen Sieg der Partei BJP im bevölkerungsreichsten Teilstaat Uttar Pradesh.

Für Adityanath scheint Konsens ein Fremdwort zu sein. Gegner sehen eine Gefahr der indischen Demokratie, und seine Anhänger wiederum setzen alle Hoffnung in ihn und sehen ihn als „Heilsbringer“, wenn nicht sogar als zweiten Narandra Modi.  Er verkörpert wie kaum ein anderer die Polarisierung in der indischen Politik.

Viele Menschen sehen den Säkularismus gefährdet, denn die Hindu-Nationalisten, für die der Hindu-Glaube als Maß aller Dinge gilt, platzieren sich immer mehr in der Politik. Die BJP ist die Partei der „Hindutva“, die Partei des hinduistischen Nationalismus. Mit Herrn Modi an der Spitze befürchten viele, dass die Partei dabei ist, ihre Macht in dem Staat zu zementieren.

Ein weiterer aktueller Fall besorgt Indien zurzeit. Der selbst ernannte Guru Gurmeet Ram Rahim Singh, der wegen Vergewaltigung zweier Anhängerinnen zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Er ist politisch und religiös so einflussreich, dass diese Vorfälle, die im Jahre 2002 vorgefallen waren, erst jetzt zu einer Verurteilung geführt haben.

Singh ist nur ein Beispiel von einigen sehr einflussreichen Gurus, die es selbst mit ihren Lehren nicht sehr ernst nehmen. Viele von Ihnen wurden in den letzten Jahren wegen sehr schwerwiegenden Straftaten verurteilt. Der Staat bezieht zumindest in diesem Kontext klar Stellung und duldet diese pseudo Gurus nicht.

Aus meiner Sicht beschäftigen Sie sich offensichtlich zu sehr mit ihrem Selbstmarketing als sich mit den Lehren auseinanderzusetzen und diese wahrhaftig zu vermitteln.

Es gibt aber auch positive Beispiele, die zeigen, dass religiöse Lehren auf einer sehr friedvollen Art und Weise auf Missstände in der Politik hinweisen. Kisan Baburao Hazare, ein indischer Bürgerrechtler, bekannt als Anna Hazare, spielte eine wichtige Rolle bei den Demonstrationen gegen die Korruption im Jahre 2011. „Anna“ in der indischen Sprache „marathi“ bedeutet „Vater“ oder „respektierter älterer Herr“. Am 5. April trat er in einen Hungerstreik, ganz nach dem Modell des von Mahatma Gandhi bekannt gewordenen „Gewaltlosen Widerstands“. Hazare wollte die Regierung dazu veranlassen Anti-Korruptionsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Dadurch löste sich eine Massenbewegung aus, die sich auch strak im Internet formierte. Hazare und seine Anhänger waren erfolgreich, denn die Regierung kam seinen Forderungen nach und setze eine aus Regierungsvertretern und zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammengesetzte Kommission ein, die sich dem Problem der Korruption annahm. Am 9. April beendete Hazare schließlich den Hungerstreik. Im August desselben Jahres trat er wieder in den Hungerstreik, weil seine Forderungen kaum Umgesetzt wurden. Er wurde mit weiteren 1300 Anhängern verhaftet, weil man glaubte ihn so am Hungerstreik zu hindern und seine Anhänger so einzuschüchtern. Er setzte aber seinen Hungerstreik im Gefägnis fort. Dieser Schritt ging für die Regierung nach hinten los, denn Hazare’s Populartät stieg dadurch weiter. Erst als die Regierung die meisten Punkte seiner Forderungen erfüllte endete der zweite Hungerstreik nach 12 Tagen. Er wurde wieder frei gelassen.

Vor allem bleibt zu beobachten wie die zweitgrößte Religionsgruppe Indiens, die Muslime, durch die Politik behandelt wird. Im März 2015 wurde im Bundesstaat Maharashtra (Hauptstadt Mumbai) per Gesetz das Schlachten und Verspeisen von Kühen verboten. Die Kuh ist den Hindus heilig. Wer sich dem Gesetzt widersetzt, dem drohen fünf Jahre Gefängnis und 10.000 Rupien (ca. 150 EUR) Geldstrafe. Und dabei werden auch Büffel-, Ochsen- und Kalbfleisch miteingeschlossen.

Natürlich kritisieren das die Minderheiten, wie Christen und Muslime in Indien, die u.a. auch geschäftlich unter dieser Regelung leiden. Neben den wirtschaftlichen Aspekten schürt dieses Gesetz natürlich auch Spannungen zwischen den Religionsgruppen. Denn die Muslime sehen mit dieser Regelung einen Angriff auf ihre Religion und die persönliche Freiheit.

Interessant ist, dass zwischen den Jahren 2012 und 2013 Indien 1,4 Millionen Tonnen Rindfleisch exportiert hat (mehr als Basmati Reis) und somit nach Brasilien zum zweitgrößten Exporteur von Rindfleisch auf der Welt zählt.

Indien ist nun mal ein Land der Gegensätze. Es bleibt abzuwarten wie sich das Land in vielen Themen, vor allem in politischen und religiösen Themen entwickelt.

Der Premierminister Narendra Modi hat es in der Hand. Auf der einen Seite zeigt er sich der westlichen Welt gegenüber als ein moderner Politiker, der sich gerne und ausgiebig in den sozialen Netzwerken präsentiert. Kampagnen wie „Make in India“ soll ausländische Unternehmen nach Indien bringen und Arbeitsplätze schaffen.  Neue und hochglanzpolierte Flughäfen sowie moderne Hightech-Industriezonen werden gebaut und für die Bevölkerung entstehen neue sogenannte Smart Cities.

Auf der anderen Seite ist innerindisch eine Entwicklung zu beobachten, die die Moderne etwas in Frage stellen. Mit den oben beschriebenen Vorkommnissen macht das Land nicht unbedingt einen Schritt nach vorne. Es ist durch aus möglich Traditionen und Kultur zu bewahren. Dies kann und muss auf friedliche Art und Weise geschehen, ohne dass dabei Minderheiten zu Schaden kommen. Das gilt es in der Politik und in der Gesellschaft umzusetzen.

Es sind viele Aspekte, die eine Rolle spielen und das Thema viel komplexer machen. Das ganze „nur“ auf die oben beschriebenen Vorkommnisse zu reduzieren reicht bei weitem nicht aus. Aber es sind nun mal Aspekte die wichtig sind und das Land und seine Bevölkerung zur Zeit sehr beschäftigen

Ist die Säkularität Indiens in Gefahr? Diese Frage lässt sich heute nicht eindeutig beantworten. Sicher ist, dass die Entwicklung genau zu beobachten ist. Säkularität ist unabdinglich und genau so heilig wie ein Kuh. Religion hat in der Politik nichts zu suchen und Indien sollte dieses wertvolle Gut beibehalten.

Wie sehen Sie das? Sehen Sie die Säkularität Indiens in Gefahr? Ich bin gespannt was Sie darüber denken und freue mich über den Austausch mit Ihnen.

 

Ihre Purvi Shah-Paulini

 

Text: Purvi Shah-Paulini

Bild: Purvi Shah-Paulini

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